Polizei unterwegs – auf zwei Rädern mit viel PS

Heute, im ersten Teil unserer vierteiligen Serie «Polizei unterwegs», nehmen wir Sie mit auf eine spannende Motorrad-Patrouille, die uns auf den Autobahnen durch die Region Mittelland, Emmental und Oberaargau führt.

© Kantonspolizei Bern

Es ist ein warmer und schöner Sommertag, der Ausrückdienst steht kurz bevor. Heute haben wir auf der Autobahn Baustellendienst. Unsere Polizeimotorräder stehen beim Stützpunkt Schermenweg zum Ausrücken bereit. Nach einem kurzen Briefing über die Tageslage begeben wir uns auf Patrouille. Unser Einsatzspektrum ist vielfältig. Es umfasst klassische Patrouilleneinsätze wie Verkehrsüberwachungen sowie Einsätze bei Verkehrsunfällen, Streitereien und Gewaltdelikten. Wir sind auch an Sportanlässen wie der Tour de Suisse präsent und begleiten Staatsbesuche. Ausserdem organisieren und führen wir Präventionskampagnen durch, beispielsweise bei den TÖFF-Testtagen. Wir unterstützen auch bei Schwerverkehrskontrollen, Tiertransporten und der Schulwegbegleitung zur Sensibilisierung von Schülern/-innen und Verkehrsteilnehmenden. Zudem sind wir auf Abruf für Erstinterventionen bereit.

Einsatz bei einem Verkehrsunfall

Die regionale Einsatzzentrale erhält eine Meldung zu einem Verkehrsunfall im Sonnenhoftunnel in Fahrtrichtung Bern. Es seien mehrere Fahrzeuge beteiligt. Die Fahrstreifen der Autobahn A6 Süd seien durch den Unfall blockiert. Während unserem Dienst patrouillieren wir im Bereich der Autobahn. Mit unseren Motorrädern sind wir trotz den engen Platzverhältnissen wegen der Baustelle flexibel und können schnell reagieren. Als die Meldung eingeht, befinden wir uns bei einer Verkehrskontrolle auf dem Rastplatz Münsingen Ost. Über den Funk im Ohr bietet uns die Regionale Einsatzzentrale zum Verkehrsunfall im Sonnenhoftunnel auf.

Wir beenden die Kontrollen und fahren aufgrund der Meldung mit Blaulicht und Wechselklanghorn zum Verkehrsunfall. Bereits kurz nach der Autobahneinfahrt Muri treffen wir auf den Stau. Durch die Baustelle sind die Fahrstreifen verengt und es gibt keinen Pannenstreifen. Die in den Stau involvierten Verkehrsteilnehmenden versuchen nach Möglichkeit, eine Rettungsgasse zu bilden, was aufgrund der Platzsituation schwierig ist. Durch die geringere Baubreite der Motorräder gegenüber einem Polizeiauto können wir jedoch deutlich besser durch die Rettungsgasse fahren. Trotzdem ist Vorsicht geboten: Immer wieder schwenken Verkehrsteilnehmende plötzlich vor uns auf den anderen Fahrstreifen oder machen andere Manöver, auf die wir sofort reagieren müssen.

Am Unfallort eingetroffen, übernehme ich die Funktion des Einsatzkoordinators und führe den gesamten Einsatz vor Ort. Mein Ausrückpartner übernimmt die Fallbearbeitung und ist somit auch für die spätere Rapportierung zuständig. Mit unseren Motorrädern sichern wir die Unfallstelle ab. Mein Ausrückpartner begibt sich zu den Unfallbeteiligten und fragt, ob es verletzte Personen gibt. Zugleich holt er die ersten Infos zum Unfallhergang ein. Zeitgleich erstelle ich Fotos des Unfallortes und der Unfallfahrzeuge. Die Dokumentation von Unfällen zählt bei der Unfallaufnahme zu einer der wichtigsten Arbeiten. Denn alles, was auf der Unfallstelle nicht erhoben wurde, ist später nicht mehr da. Ich stelle fest, dass noch alle Fahrzeuge bis zur nächsten Autobahnausfahrt fahren können und kein Abschleppdienst angefordert werden muss.

Glücklicherweise sind keine Personen verletzt und die Fahrzeuge können rasch von den Unfallbeteiligten bis zur Ausfahrt Bern Ostring gefahren werden. Dort machen wir mit den Beteiligten die Sachverhaltsaufnahme. Diese beinhaltet in der Regel Folgendes:

  • Die Überprüfung der Führer- und Fahrzeugausweise
  • Erhebung der Personalien aller Beteiligten
  • Die Überprüfung der Fahrfähigkeit (Drogen-, Alkohol- oder Medikamentenkonsum)
  • Handschriftliche Befragungen zum Unfallhergang

Nachdem wir die Unfallarbeiten abgeschlossen haben und alle Unfallbeteiligten ihre Fahrt fortsetzen konnten, patrouillieren wir weiter und sind für den nächsten Einsatz bereit.

© Kantonspolizei Bern

Mir als Motorradfahrer bei der Polizei stellen Bürger/-innen viele spannende Fragen. Diese reichen von technischen Details unserer Fahrzeuge bis hin zu den Anforderungen an uns als Fahrer/-innen. Ich nutze die Gelegenheit, einige dieser Fragen hier zu beantworten.

Welches ist unser Einsatzgebiet?

Wir sind auf unseren Motorrädern in einem weitläufigen Gebiet in den Regionen Mittelland, Emmental, Oberaargau und auf rund 170 Kilometern Autobahnnetz unterwegs. Die restlichen 110 Kilometer des Autobahnnetzes werden durch die drei Polizeiregionen Seeland-Berner Jura, Oberland und Bern jeweils durch eigene Motorradeinheiten abgedeckt.

Welche technischen Besonderheiten hat ein Motorrad der Polizei?

Je nach Region und Einsatzgebiet werden verschiedene Motorräder eingesetzt. Da wir oft auf der Autobahn unterwegs sind, bevorzugen wir die Tourenmaschine BMW R 1200 RT. Im Berner Jura, im Seeland und im Berner Oberland stehen viele BMW F 800/850 GS oder gar ein BMW R 1250 GS bereit. Im Stadtgebiet kommt auch das elektronische Motorrad der Marke Zero zum Einsatz. Unsere Motorräder werden ab Werk mit den erforderlichen Extras ausgestattet. Bei der BMW R 1200 RT sind dies:

  • Sirenen, das sogenannte Wechselklanghorn, diverser Lautstärken und Tonlagen
  • Die am Heck angebrachte «Bitte folgen / Stopp Polizei»-Leuchtschrift
  • Beleuchtungen und diverse Warnlichter

Diese werden an den linken und rechten Lenkerarmaturen angewählt. Die Seitenkoffer sind eher schmal gehalten und werden nach oben geöffnet. Neben den Sturzbügeln ist auch der Heckaufbau mit kleinem Stauraum sowie GPS-Ortungssystem für die Einsatzzentrale eine Spezialanfertigung.

© Kantonspolizei Bern, Bedienelement rechts
© Kantonspolizei Bern, Bedienelement links

Wie wird man Motorradfahrerin oder Motorradfahrer bei der Kantonspolizei Bern?

Um Motorradfahrer/-in bei der Kantonspolizei Bern zu werden, benötigt man die Führerausweiskategorie A. Diese muss bereits vorhanden sein. Jede Region hat eine festgelegte Anzahl an Motorradpolizist/-innen, die jährlich an einem halbtägigen Fahrkurs teilnehmen. Diensterfahrung und geografische Kenntnisse sind von Vorteil, da man oft zuerst alleine am Einsatzort eintrifft, bevor der Kollege oder die Kollegin nachkommt.

© Kantonspolizei Bern, Kurs beim Flughafen Interlaken

Was machen wir, wenn wir Personen transportieren müssen?

An einem Einsatzort kommt es immer wieder vor, dass die angehaltene Person für weitere polizeiliche Massnahmen (z.B. Blutentnahme nach einem Verkehrsunfall oder wenn es sich um eine zur Verhaftung ausgeschriebene Person handelt) transportiert werden muss. Hierzu fordere ich eine Autopatrouille an, die den Transport übernimmt.

Wenn ich gegrüsst werde, grüsse ich zurück?

Während dem Patrouillieren kreuzen wir immer wieder andere Motorradfahrer/-innen. Den Motorradfahrergruss zwängen wir nicht auf. Wenn ich jedoch gegrüsst werde, grüsse ich zurück.

Wie ist der Kontakt mit den Bürgerinnen und Bürgern?

Im Patrouillenfahrzeug wird man als «die Polizei» wahrgenommen. Auf dem Motorrad werde ich vom Bürger als Mensch und «der Polizist» gesehen. Diese Wahrnehmung unterstützt den bürgernahen Kontakt. Unterwegs mit dem Motorrad entstehen immer wieder gute und freundliche Kontakte mit den Bürger/-innen.

Wie viel PS hat die BMW R 1200 RT?

Um die meistgestellte Frage zu beantworten: Nein, unsere Motorräder sind nicht getunt. Diese entsprechen dem Originalzustand. Damit wir rasch vom Pannenstreifen wegbeschleunigen können oder auch auf Nachfahrten «e chli Brot hei», haben wir 125 PS unter dem Tank.

Im nächsten Beitrag erfahren Sie, wie viele unserer Polizist/-innen auf Reiterpatrouille auf den Pferderücken unterwegs sind …

© Kantonspolizei Bern, Adrian Wenger

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