Das Berner Dialogteam – weniger ist manchmal mehr
Seit 2011 stehen bei der Kantonspolizei Bern Dialogteams im Einsatz. Sie gehen aktiv auf die Teilnehmenden von Veranstaltungen zu und versuchen, wenn immer möglich, mit Transparenz und Kommunikation Eskalationen zu verhindern.
Sie sind die ersten Ansprechpartnerinnen und -partner für die Teilnehmenden an Kundgebungen und Demonstrationen sowie Besucherinnen und Besucher von Sportanlässen: Die Mitarbeitenden des Dialogteams. Bei der Kantonspolizei Bern sorgen sie seit 2011 für einen möglichst reibungslosen Ablauf bei Veranstaltungen. Die Schwierigkeit liegt darin, potenzielle Konflikte vorauszusehen und deeskalierend einzuwirken, wenn Spannungen entstehen. Dies, um mögliche Zwischenfälle zu verhindern. Doch die Arbeit der Dialogteams beginnt schon im Vorfeld der Veranstaltungen. Der Bericht über das Dialogteam der Region Bern zeigt, warum für diese Tätigkeit neben Fingerspitzengefühl auch eine gewisse Gelassenheit wichtig ist.
Neue Wege bei der Kantonspolizei Bern
Die Idee der Dialogteams entstand aufgrund immer wiederkehrender Konflikte mit Anhängern der gegnerischen Mannschaften im Vorfeld von Sportveranstaltungen. Die Problematik war, dass die Fussballanhänger beim Eintreffen in Bern als erstes den Ordnungsdienst erblickten, welcher vom Bahnhof bis zum Stadion in der notwendigen Schutzausrüstung präsent war. Dies haben gewisse Anhänger als bedrohlich und darum als Aufforderung zum Kampf gewertet, weshalb es immer wieder zu Konfrontationen zwischen einigen Fussballanhängern und den Einsatzkräften gekommen ist. Die Kantonspolizei Bern suchte darum vor allem für die Region Bern nach einer anderen Herangehensweise, um Konflikte und brenzlige Situationen bei Sportveranstaltungen zu entschärfen.
Auf der Suche nach einer Alternative ist die Kantonspolizei auf Deutschland aufmerksam geworden. Die deutschen Einsatzkräfte machten bei Fussballspielen gute Erfahrungen mit dem Einsatz von Dialogmitarbeitenden. Sie stellten fest, wie erfolgreich es sein kann, die Fussballanhänger in ihre Prozesse miteinzubeziehen. So versuchte die Kantonspolizei, die Grundidee der deutschen Kolleginnen und Kollegen für die Region Bern zu übernehmen. Nach ein paar Anpassungen bildeten wir im Jahr 2011 das erste Dialogteam mit insgesamt 15 Mitarbeitenden. In der Schweiz hatte die Kantonspolizei Bern mit diesem Ansatz eine Vorreiterrolle inne. Ziel war es – und ist es noch immer –, die Gewaltspirale zu durchbrechen, indem Einsatzkräfte, wenn immer möglich und zielführend, in Uniform und orangen Westen auf die Leute zugehen und aktiv das Gespräch mit ihnen suchen, anstatt mit Schutzhelm und -schild Präsenz zu zeigen. Dadurch werden die Polizistinnen und Polizisten eher als Menschen wahrgenommen, anstelle der rein ausübenden Staatsgewalt in Uniform. Durch ihr Auftreten haben sie sich auch eine gewisse Akzeptanz verschafft.
Das Verhindern von Eskalationen und die Deeskalation rein durch Dialog ist aber nicht immer möglich, wie Vorfälle mit verletzten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Kantonspolizei Bern zeigen – die Schutzausrüstung dient dem Eigenschutz.
Der Dialog im Laufe der Zeit
Das Dialogteam ist für die Polizei heute ein wichtiger Bestandteil verschiedenster Veranstaltungen. Es kommt nicht mehr nur bei Sportveranstaltungen zum Einsatz, sondern auch bei Kundgebungen und anderen Anlässen. Die Arbeit der Dialogteams beschränkt sich dabei nicht rein auf den Tag des Einsatzes, sondern sie bedienen beispielsweise im Vorfeld von Sportanlässen die beteiligten Vereine mit den für sie relevanten Informationen. So erfahren die an der Veranstaltung teilnehmenden Personen alle nützlichen Informationen – wie zum Beispiel An- und Abreise ablaufen sollen oder welche Rahmenbedingungen festgelegt sind, die es zu respektieren gilt. Durch diese Transparenz soll allfälligem Frust und Unverständnis über die Anweisungen der Polizei entgegengewirkt werden.
Wir haben den Einsatz von Dialogteams mittlerweile von der Region Bern auf die übrigen Regionen des Kantons Bern ausgeweitet.
Auf der Suche nach einem effizienteren Mittel, um mit grossen Menschenmassen kommunizieren zu können, entwickelten wir für den Dialog zudem das sogenannte Echo-Fahrzeug. Dabei handelt es sich um einen Patrouillenwagen ausgestattet mit einem Lautsprechersystem. Mit diesem Fahrzeug können wir mittels Durchsagen eine grosse Anzahl an Personen gleichzeitig erreichen. Bei grossen Veranstaltungen verbreiten wir dieselben Botschaften zusätzlich auch über Twitter. Die Leute bei Veranstaltungen sollen aber nicht nur akustisch, sondern auch visuell erreicht werden, weshalb das Echo-Fahrzeug zukünftig weiter mit LED-Tafeln ausgestattet werden soll.
Dialog – Deeskalation – Durchgreifen
Im Jahr 2019 leisteten die Mitarbeitenden der Dialogteams im ganzen Kanton Bern zahlreiche Einsätze – Tendenz steigend. Um die Einsätze des Dialogteams erfolgreich durchführen zu können, ist es wichtig, dass die Gespräche authentisch sind. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehen offen und aktiv auf die Leute zu und geben bei Fragen Auskunft. Um auch in heiklen Einsätzen einen kühlen Kopf zu bewahren, spielen Lebens- und Diensterfahrung eine wichtige Rolle. Denn wenn die Stimmung kippt und sich die Gegenseite nicht an die Rahmenbedingungen hält, muss schnell gehandelt werden. Analog der 3D-Strategie Dialog – Deeskalation – Durchgreifen muss das Dialogteam dann auf den Ordnungsdienst zurückgreifen; dies auch zum eigenen Schutz.
Natürlich sind nicht alle erfreut über die Präsenz der Polizei bei Veranstaltungen. Jedoch zeigen bisherige Erfahrungen, dass die Arbeit des Dialogteams beispielsweise von Besucherinnen und Besuchern von Veranstaltungen oder von Anhängern von Sportvereinen aus dem In- und Ausland geschätzt wird.
Der Einsatz von Dialogteams der Kantonspolizei ist bei Veranstaltungen im Kanton Bern nicht mehr wegzudenken.
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