«Die Strasse ist gefährlicher als die Rennstrecke.»
Aufmerksamkeit bedeutet Sicherheit: die aktuelle Nationaltrainerin der U19-Mountainbike-Frauen über Parallelen zwischen Wettkampf und Strassenverkehr.
Seit diesem Jahr unterstützt die zweimalige XCE*-Mountainbike-Weltmeisterin Kathrin Stirnemann die Verkehrssicherheitskampagne der Kantonspolizei Bern – und das mit grosser Überzeugung. Auf dem Weg zu ihrem Job als Mountainbike-Nachwuchstrainerin konnte ich Kathrin begleiten.
Hallo Kathrin, du bist unterwegs zu deiner Arbeit. Wie hoch ist dein Arbeitspensum?
Ich arbeite insgesamt 70 Prozent. Einerseits als Nationaltrainerin, anderseits als Stützpunktleiterin im Swiss Bike Park.
Und wie viele Stunden trainierst du selber auch noch für dich?
Das kommt auf die Arbeitswoche an. Ich fahre noch rund zehn Stunden Velo in der Woche, trainiere aber nicht mehr spezifisch.
Wie gross ist für dich die Umstellung vom Training – und damit vom möglichst schnellen Fahren – auf die Strasse, wo es gilt, vorsichtig Velo zu fahren?
Auf den Trails, also den ausgewiesenen Strecken im Wald oder auf Kies, bin ich alleine für meine Sicherheit verantwortlich. Aber im Strassenverkehr muss man auch für andere mitdenken und somit doppelt aufmerksam sein. Andere sehen einen nicht oder sind abgelenkt, schauen aufs Handy usw.
Wo muss man deiner Meinung nach mehr achtgeben: beim Mountainbike-Rennen oder im Strassenverkehr?
Der Fokus der Aufmerksamkeit ist sehr unterschiedlich. Beim Bike-Rennen muss man die perfekte Linie verfolgen, die richtige Strategie und Technik wählen. Aber der Strassenverkehr ist aus meiner Sicht gefährlicher als die Rennstrecke. Da muss man ständig die vielen anderen Verkehrsteilnehmenden «lesen» können und sich vergewissern, ob man gesehen wird.
Kannst du Beispiele nennen?
Beim Abbiegen ist der Seitenblick wichtig, um nichts zu übersehen. Man muss auch immer häufiger auf E-Bikes achten, deren Tempo man oft unterschätzt bzw. zu langsam eingeschätzt.
Was bedeutet für dich defensiv fahren im Strassenverkehr?
Man sollte immer wieder auch für andere mitdenken und das eigene Tempo an die Situation anpassen. Und natürlich die Verkehrsregeln beachten.
Sich am Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer/-innen zu orientieren, hilft, kritische Situationen zu vermeiden. Schaut man bei einem XCE-Rennen ebenfalls, was die Gegnerin macht, oder fährt man da im eigenen «Tunnel»?
Man schaut schon auf die Gegnerin: Welche Linie nimmt sie? Lasse ich sie vielleicht taktisch absichtlich überholen, um zum Beispiel auf einer Geraden von ihrem Windschatten zu profitieren?
Welche Eigenschaft gilt für das Rennen wie für den Strassenverkehr gleichermassen?
Aufmerksamkeit. Es gilt, die Konzentration und die Reaktionsbereitschaft auf höchstem Level zu halten.
Du bist topfit, aber gibt es Situationen, wo du aufs Velofahren verzichtest und doch lieber den öffentlichen Verkehr nutzt?
Hm, vielleicht wenn ich zum Flughafen muss (lacht). Aber generell bevorzuge ich immer das Velo.
Wir sind gleich angekommen. Zum Abschluss noch: Was ist dein Lebensmotto?
(überlegt etwas) «Gib jedem Tag die Chance, der schönste deines Lebens zu werden.»
Kathrin, vielen Dank für das Gespräch
Rasanter Spot für defensives Fahren: Kathrin Stirnemann ist unsere Kampagnenbotschafterin im Bereich «Langsamverkehr». Was sie sportlich drauf hat und worauf es für Velo- und E-Bike-Lenkende im Strassenverkehr ankommt, zeigt unser neues Video.
Weitere Infos zum Thema «Sicherheit auf dem Velo/E-Bike» unter police.be.ch/alles-im-blick
* XCE: Cross-Country Eliminator; eine Disziplin des Mountainbike-Rennens, bei der im Ausscheidungsverfahren eins gegen eins auf Kurzstrecke angetreten wird.
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