8 Fragen an Sonja Wyss
Der Psychologische Dienst der Kantonspolizei Bern berät und unterstützt Mitarbeitende in schwierigen Situationen. Erfahren Sie von Sonja Wyss, wie sie und Ruth Locher als Co-Chefinnen mit ihrem Team Mitarbeitende in herausfordernden Situationen unterstützen.
Belastende Einsätze? Stress oder Konflikte bei der Arbeit? Private Probleme? Laufbahnfragen? All dies sind Themen, bei denen Mitarbeitende der Kantonspolizei Bern auf die Beratung und Unterstützung des internen Psychologischen Dienstes zurückgreifen können. Die Mitarbeitenden der Dienststelle führen nicht nur Beratungen in Einzel- und Gruppengesprächen durch, sondern kontaktieren auch proaktiv Einsatzkräfte nach potenziell belastenden Ereignissen. Im Jahr 2023 hat Sonja Wyss, eine der beiden Chefinnen des Psychologischen Dienstes, gemeinsam mit ihrem Team rund 260 Beratungsfälle bearbeitet und 290 proaktive Nachfragen getätigt. Das Team besteht aus 21 Mitarbeitenden mit unterschiedlichen Beschäftigungsgraden: 6 Psychologinnen und 15 Psychologietrainer/-innen (Polizisten/-innen mit einer vertieften psychologischen Ausbildung). Neben den sechs Psychologietrainern/-innen, welche fix bei der Dienststelle tätig sind, üben neun ihre Tätigkeit für den Psychologischen Dienst im Rahmen einer Nebenfunktion aus.
Nebst den genannten Aufgaben ist der Psychologische Dienst auch im Rekrutierungsprozess engagiert und bildet Mitarbeitende und Kader des Korps zu verschiedenen psychologischen Themen aus. Bei Grossereignissen übernimmt der Dienst die Leitung der Hotline für Anrufe für Bürger/-innen. Erfahren Sie mehr über Sonja Wyss und die spannende Arbeit des Psychologischen Dienstes.
Wie bist du zur Kantonspolizei Bern gekommen und was ist deine Ausbildung?
Nach abgeschlossenem Sportstudium und Tätigkeit als Berufsschullehrerin habe ich an der Universität Bern Organisations- und Sozialpsychologie studiert. Dass ich bei der Kantonspolizei Bern gelandet bin, hat sich ergeben, weil ich eine Psychologin kannte, die damals beim Psychologischen Dienst arbeitete. Sie hat mein Interesse für die Polizeipsychologie geweckt. So absolvierte ich ein Praktikum im Dienst, welches mir sehr gefallen hat. Kurz darauf wurde eine Stelle als wissenschaftliche Mitarbeiterin ausgeschrieben, auf die ich mich erfolgreich beworben habe.
Was magst du am meisten an deiner Tätigkeit als Chefin des Psychologischen Dienstes?
Das Gesamtpaket und die Vielseitigkeit. Ich habe ein tolles Team mit sehr engagierten Mitarbeitenden, die ich gemeinsam mit Ruth Locher führen darf. Auch als Chefin übe ich alle eingangs beschriebenen Tätigkeiten nach wie vor aus. Dadurch ist meine Arbeit sehr abwechslungsreich, und ich treffe täglich unterschiedliche Menschen. Für mich hat meine Tätigkeit eine grosse Sinnhaftigkeit, da wir als eines von vielen Zahnrädern dazu beitragen, dass die Mitarbeitenden der Kantonspolizei Bern gut für ihre Arbeit gerüstet sind.
Was war die grösste Herausforderung, der du beim Psychologischen Dienst begegnet bist, und wie hast du sie gemeistert?
In rund 20 Jahren im Psychologischen Dienst gab es einige grosse, unterschiedlich gelagerte Herausforderungen. Am anspruchsvollsten finde ich jeweils, wenn unsere eigenen Einsatzkräfte betroffen sind – sei es durch gravierende oder gar tödliche Verletzungen, zum Beispiel im Fall Kneubühl, oder als ein Polizist im Dienst erschossen wurde. Gemeistert haben wir dies gemeinsam im Team, miteinander und mit professioneller Arbeit. In der eigenen Verarbeitung hilft mir neben dem Gespräch vor allem das Abschalten bei der Bewegung in der Natur.
Wie sieht ein typischer Tag bei dir im Psychologischen Dienst aus?
Das Schöne an meiner Arbeit ist, dass praktisch jeder Tag anders ist. Ich starte am Morgen im Büro und erledige Mails. Danach habe ich eine Sitzung, deren Ziel beispielsweise das gemeinsame Konzipieren einer Ausbildung ist. Dann folgt ein Beratungsgespräch in einem unserer Beratungsräume. Nach einem gemeinsamen Mittagessen mit dem Team unterrichte ich am Nachmittag eines unserer Angebote aus der individuellen Weiterbildung, zum Beispiel einen Führungszirkel.
Welche unerwartete Fähigkeit hast du durch deinen Beruf entdeckt?
Das ist eine schwierige Frage. Dass ich im Büro Unmengen an weisser Schokolade verschlingen kann. Spass beiseite: dass ich auch in hektischen Zeiten meine Freundlichkeit, Ruhe und den Überblick bewahre. Das zeigt sich ja oftmals erst im Ernstfall.
Was ist im Umgang mit Personen, die bei euch Hilfe suchen, besonders wichtig zu beachten?
Verschwiegenheit: Die Dinge, die wir besprechen, werden vertraulich behandelt, ausser wir vereinbaren gemeinsam eine Information an die Vorgesetzten und/oder an den Bereich Human Resources. Dass wir empathisch und aktiv zuhören und weder Person noch Thematik werten. Im Rahmen der Notfallpsychologie geht es zudem darum, Schutz und Sicherheit zu vermitteln und bei der Einordnung von auftretenden Reaktionen unterstützen zu können.
Kommen wir zum etwas persönlicheren Teil… Was steht ganz oben auf deiner Löffelliste?
Da sind vor allem einige Reiseziele. Den obersten Punkt, den Traum, die Nordlichter zu sehen, konnte ich dieses Jahr erfüllen. Als Nächstes steht eine Reise nach Island auf meiner Wunschliste.
Und jetzt noch unter uns: Ist die Arbeit im Psychologischen Dienst nicht manchmal belastend?
In meiner Arbeit ist es sehr wichtig, dass ich mich gut abgrenzen kann. In aller Regel gelingt mir das. Natürlich ist meine Aufgabe manchmal belastend. Es gibt Geschichten, die mich berühren, die mir nahegehen und die ich manchmal mit nach Hause nehme. Das gehört dazu und ist menschlich.
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