Jugendliche im Fokus – Jugendpatrouille
Unsere Polizistinnen und Polizisten sind nicht immer in Uniform im Einsatz. Die nebenamtlich tätigen Verantwortlichen Jugendkriminalität der Polizeibezirke helfen dabei, Konflikte zu lösen und Gefahren zu reduzieren. So arbeiten wir aktiv für den Jugendschutz.
Mein Name ist Stefan, ich arbeite bei der Regionalpolizei Bern im uniformierten Dienst. An Wochenenden arbeite ich allerdings manchmal in ziviler Kleidung. Bei meiner Nebenaufgabe als Verantwortlicher für Jugendkriminalität mache ich regelmässig Jugendpatrouillen.
Mich interessiert, welche Sorgen und Ängste bei den Mädchen und Jungs in unserem Bezirk bestehen. Es ist wichtig zu erkennen, welche Freiheiten sie sich wünschen und wo sich Probleme untereinander anbahnen oder wo Konflikte bestehen, zum Beispiel mit Anwohnerinnen und Anwohnern. Besonders am Herzen liegt mir, dass sich die Jugendlichen sicher fühlen und mich als Ansprechperson wahrnehmen.
Ein junger Mensch von vielen: Luca
Auf Jugendpatrouille komme ich mit unterschiedlichsten jungen Menschen in Kontakt. Einige sehe ich nur ein oder zwei Mal, andere treffe ich immer wieder an. Ich möchte euch von Luca erzählen. Ich kenne Luca schon seit einem Jahr. Er wird bald 16-jährig, geht ab dem August in die 9. Klasse und möchte im Anschluss eine Lehre in einem Elektrofachgeschäft anfangen. Mit seiner Mutter wohnt er in einer kleinen Wohnung.
Weil seine Mutter viel arbeitet, ist Luca oft allein zuhause. Erst kürzlich hat er mir erzählt, dass er sich zum Geburtstag eigentlich eine Playstation wünscht. Seine Mutter habe aber zu wenig Geld und möchte auch nicht, dass er nur noch daheim sitzt. Deshalb geht Luca viel nach draussen und trifft Kolleginnen und Kollegen.
Polizeikontrolle? Oh nein!
An einem frühen Freitagabend treffe ich auf der Jugendpatrouille auf Luca, zusammen mit Chiara, Tim, Ali und Marc hält er sich auf dem Sportplatz beim Schulhaus auf. «Oh nein!» höre ich ihn von weitem sagen, als er mich erkennt. Als wir näherkommen, sehen und riechen wir sofort, warum Luca heute nicht sehr erfreut ist, uns zu sehen. Er raucht einen Joint. Es ist das erste Mal, dass wir ihn beim Kiffen sehen.
Wir wollen sichergehen, dass er nicht noch mehr Betäubungsmittel bei sich trägt. Darum schauen wir in seine Hosentaschen und in seinen Rucksack. Wir sind froh, dass wir nicht mehr finden; oft tragen die Jugendlichen auch Messer oder ähnliches auf sich. Sie erklären uns dann, dass sie diese Gegenstände zur Verteidigung dabei hätten. Das kann sehr gefährlich werden, deshalb stellen wir bei Jugendlichen in Gruppen oder im Ausgang auch legale Messer sicher und geben sie einige Tage später meistens den Eltern wieder zurück. Fallen sichergestellte Messer und gefährliche Gegenstände unter das Waffengesetz, hat dies eine Anzeige an die Jugendanwaltschaft zur Folge. Die sichergestellten Gegenstände werden der Jugendanwaltschaft übergeben.
Vom Erwachsenwerden
Für Luca und seine Freundinnen und Freunde ist das Erwachsenwerden mit vielen Herausforderungen verbunden. Sie sollen in der Schule Leistung bringen, die Beziehung mit den Eltern ist nicht immer einfach und sie müssen viele Entscheidungen für ihre Zukunft treffen. Grenzen auszuloten gehört zu dieser Zeit, auch wenn es oft übersehen oder vergessen wird.
Ich sehe es als meine Aufgabe, ihnen ein geschütztes Ausleben der Freiheiten zu gewährleisten. Dazu gehört aber, dass ich den Jugendschutz durchsetze: Substanzen, die eine Auswirkung auf den Körper haben, sind für Kinder und Jugendliche besonders schädlich – sie selber können das noch nicht einschätzen.
Auch bei der Gewaltprävention ist es wichtig, dass ich einen guten Kontakt zu den Jugendlichen pflege. Wenn die Mädchen und Jungs mir vertrauen, wenden sie sich bei anbahnenden Konflikten eher an mich, bevor etwas geschieht.
Auf Augenhöhe bleiben
So ist es auch bei Luca. An jenem Abend habe ich ihn, seine Kollegen und seine Kollegin auf die schädliche Wirkung von Suchtmitteln wie Nikotin und Marihuana aufmerksam gemacht. Luca bat mich: «Erzählen Sie bitte meiner Mutter nichts. Sonst kann ich meine Playstation definitiv vergessen».
Der Konsum von Betäubungsmitteln ist jedoch verboten. Deshalb muss ich als Polizist eine Anzeige an die Jugendanwaltschaft schreiben und auch die Mutter informieren. Als ich ihm das erklärt habe, war er sichtlich geknickt.
Weil wir uns schon kennen, weiss ich, dass Luca ein begnadeter Spieler im lokalen Fussballclub ist. Ich habe ihm zum Sieg vom vergangenen Sonntag gratuliert. Luca hat begeistert vom Match berichtet, sicher auch, um seine Aufmerksamkeit auf erfreulicheres zu lenken. Und er hat mir noch erzählt, er habe übrigens die Zusage für eine Schnupperlehre bekommen.
«Bis zum nächsten Mal. Aber ohne Joint!», sage ich zum Abschied und freue mich für Luca, dass er bald schnuppern gehen kann.
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